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Warum dein Angebot für die Baubranche nie 100% perfekt sein wird – und warum das völlig okay ist

  • Jörg Appl
  • 17. Dez. 2024
  • 5 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 7. Feb.

Technisches Marketing in der Baubranche bedeutet immer einen Kompromiss zwischen Marktanforderungen und internen Unternehmenszielen. Produktmanager und Marketingexperten stehen vor der Herausforderung, die Bedürfnisse der Zielgruppe mit realistischen Produktentwicklungsstrategien zu vereinen. Doch Perfektion ist nicht das Ziel – Erfolgreiches Marketing entsteht durch passgenaue Lösungen!


In diesem Beitrag erfährst du:

Warum Bauprodukte nie 100% perfekt sein können – und warum das nicht schlimm ist

Wie du dein Angebot trotzdem ideal an die Zielgruppe anpasst

Welche praxisbewährten Strategien erfolgreiches technisches Marketing ausmachen


💡 Teste dein Wissen! Am Ende warten coole Fallbeispiele, mit denen du herausfindest, wie gut dein Marketing wirklich auf die Zielgruppe abgestimmt ist. 🚀



Der feine Unterschied zwischen Bedürfnissen und Anforderungen


In der Literatur zur Produktentwicklung werden zwei zentrale Begriffe verwendet, um die „Stimme der Zielgruppe“ zu fassen: Bedürfnisse und Anforderungen (Ulrich & Eppinger, 2012; Peppers & Rogers, 2011; Griffin & Hauser, 1993).


  • Bedürfnisse sind die grundlegenden Wünsche oder Ziele der Zielgruppe – das, was sie durch dein Angebot erreichen wollen. In der Baubranche könnte ein Bedürfnis beispielsweise darin bestehen, eine tragendes Struktur zu entwerfen, die in verschiedene Bauwerke integriert werden können. Diese Bedürfnisse sind oft vage und werden von der Zielgruppe selbst nicht immer konkret benannt. Sie hängen von spezifischen Umständen wie Dringlichkeit oder Projektanforderungen ab.


  • Anforderungen hingegen sind die detaillierten Spezifikationen, die aus diesen Bedürfnissen abgeleitet werden und die du mit deinem Angebot adressieren musst. Ein Beispiel für eine Anforderung an ein tragende Struktur wäre etwa eine sofortige Tragfähigkeit, Flexibilität bei Durchbrüchen oder reduzierte Vorhaltekosten. Anforderungen sind messbar und wesentlich konkreter als die allgemeinen Bedürfnisse (Ulrich & Eppinger, 2012).


Der Punkt hier: Auch wenn dein Angebot alle Anforderungen erfüllt, heißt das nicht zwangsläufig, dass es den Bedürfnissen der Zielgruppe entspricht, da diese nicht notwendigerweise formuliert werden.


Warum dein Angebot an die Baubranche nie perfekt sein wird


In der Baubranche stellt sich nicht nur die Frage, ob Du die Bedürfnisse und Anforderungen deiner Zielgruppe hinsichtlich eines Angebotes verstanden hast, sondern auch, wie viele andere Einflüsse aus deinem Unternehmen das endgültige Angebot prägen.

Das Entwicklungsprozedere eines Angebots wird stets von verschiedenen Abteilungen beeinflusst. Die Produktion, der Vertrieb, das Marketing und nicht zuletzt die rechtlichen und organisatorischen Anforderungen eines Unternehmens oder Ingenieurbüros spielen eine Rolle.


Diese Einflussfaktoren sind oft weit entfernt von den eigentlichen Bedürfnisse und Anforderungen der Zielgruppe. Während Produktmanagement und Marketing die „Stimme der Zielgruppe“ vertreten, bringen unter anderem Produktion und Management betriebliche Zwänge und unternehmensinterne Anforderungen in den Entwicklungsprozess ein. Das Ergebnis ist ein Kompromiss – ein Kompromiss, der nie zu 100 % den Bedürfnisse und Anforderungen der Zielgruppe entspricht.


Abbildung 5 zeigt, wie verschiedene interne und externe Einflüsse auf das Angebot wirken und verdeutlicht diese Dynamik.


Darstellung der verschiedenen Einflüsse auf ein technisches Angebot in der Baubranche
Abb.5 Darstellung der verschiedenen Einflüsse auf ein technisches Angebot in der Baubranche

Ein weiterentwickeltes Angebot aus Illusionen


Ein weiterer kritischer Punkt tritt auf, wenn Unternehmen ihr Angebot fortlaufend verbessern oder weiterentwickeln – dabei jedoch die ursprünglichen Bedürfnisse der Zielgruppe aus den Augen verlieren.


In der Baubranche kann dies dazu führen, dass eine „verbesserte Version“ eines Angebots entsteht, die durch interne Innovationen oder betriebliche Anforderungen getrieben wird, aber zunehmend vom eigentlichen Bedarf der Zielgruppe abweicht. Das Ergebnis ist ein Angebot der Illusionen, das den tatsächlichen Anforderungen der Zielgruppe nicht mehr gerecht wird.


Diese Gefahr zeigt sich besonders, wenn nicht Zielgruppenorientierte Abteilungen ihre eigenen Ziele – etwa Gewinnmaximierung oder „ideen“ – in den Entwicklungsprozess einfließen lassen. So wird das Angebot zwar weiterentwickelt, doch die tatsächlichen Bedürfnisse der Zielgruppe bleiben unbeachtet. Das Resultat: eine immer größere Diskrepanz zwischen dem Angebot und den realen Bedürfnissen der Baubranche und der Zielgruppen..


Die Rolle des Produkt- oder Marketingmanagers


Um zu verhindern, dass ein Angebot zu einem „Angebot der Illusionen“ wird, kommt dem Produktmanager oder Marketingmanager eine Schlüsselrolle zu. Besonders in der Baubranche, in der Anforderungen und Bedürfnisse oft technisch komplex sind, muss der Marketingmanager ständig sicherstellen, dass das Angebot den realen Bedürfnissen und Anforderungen der Zielgruppe entspricht – auch wenn diese sich im Laufe der Zeit verändern können.


Der Marketingmanager fungiert als Bindeglied zwischen der Zielgruppe und den internen Abteilungen und ist verantwortlich dafür, dass das Angebot nicht von den Zielgruppen entkoppelt wird. Dabei muss er sicherstellen, dass das Angebot immer wieder an den tatsächlichen Bedarf der Zielgruppe angepasst wird, auch wenn andere Abteilungen, ihre eigenen Vorstellungen und Anforderungen einbringen.


Abbildung 6 verdeutlicht, wie eine falsche Weiterentwicklung des Angebots die Zielgruppe entfremden kann.


Ein illusorisches Angebot, wenn die Entwicklung des Angebots an den tatsächlichen Bedürfnissen der Zielgruppe vorbeigeht.
Abb.6 Ein illusorisches Angebot, wenn die Entwicklung des Angebots an den tatsächlichen Bedürfnissen der Zielgruppe vorbeigeht.

Fazit: Ein Angebot für die Baubranche bleibt ein Kompromiss


Kein Angebot in der Baubranche wird jemals alle Bedürfnisse und Anforderungen der Zielgruppe zu 100 % abdecken. Doch das ist auch nicht das Ziel. Es geht darum, ein Angebot zu schaffen, das so nah wie möglich an den realen Bedürfnissen und Anforderungen der Zielgruppe bleibt, ohne von internen, betrieblichen oder organisatorischen Anforderungen entkoppelt zu werden. Der Produkt- oder Marketingmanager muss dabei als Hüter der Zielgruppeninteressen auftreten und verhindern, dass das Angebot zu einem Angebot der Illusionen wird.


Marketingtastisch? Ja, aber nur mit der richtigen Balance.


Fragen, die dein Marketing-Know-how in der Baubranche auf das nächste Level heben!


Frage 1: Bedürfnisse und Anforderungen unterscheiden


Ein Marketingmanager möchte ein Angebot für die Baubranche entwickeln, das sowohl die Bedürfnisse als auch die Anforderungen der Zielgruppe berücksichtigt. Welches der folgenden Beispiele beschreibt am besten ein Bedürfnis und welches eine Anforderung?


a) Das Gebäude muss eine Tragfähigkeit von mindestens 500 kg/m² aufweisen.

b) Die Zielgruppe wünscht sich, dass die Tragwerksplanung flexibel für unterschiedliche Bauwerksdesigns eingesetzt werden kann.

c) Die Tragkonstruktion muss aus umweltfreundlichen Materialien gefertigt sein.

d) Die Zielgruppe möchte eine Tragkonstruktion, die Kosten spart und einfach montierbar ist.


Richtige Antwort:

  • Bedürfnis: b) und d)

  • Anforderung: a) und c)


Erläuterung:

Bedürfnisse sind allgemeine Wünsche oder Ziele, die oft nicht exakt formuliert sind (z. B. Flexibilität oder Kosteneinsparung). Anforderungen hingegen sind präzise, messbare Spezifikationen, die aus den Bedürfnissen abgeleitet werden (z. B. Tragfähigkeit von 500 kg/m² oder umweltfreundliche Materialien).


 

Frage 2: Interne Einflüsse verstehen


Warum kann es dazu kommen, dass ein Angebot den tatsächlichen Bedürfnissen der Zielgruppe nicht mehr gerecht wird?


a) Weil Produktmanager und Marketingmanager die Bedürfnisse der Zielgruppe oft falsch interpretieren.

b) Weil interne Abteilungen wie Produktion oder Vertrieb ihre eigenen Ziele und Zwänge in den Entwicklungsprozess einbringen.

c) Weil die Zielgruppe ihre Bedürfnisse im Laufe der Zeit ändert, ohne das Unternehmen darüber zu informieren.

d) Weil die Weiterentwicklung eines Angebots zu stark auf Innovation statt auf Zielgruppenorientierung setzt.


Richtige Antwort:b) und d)


Erläuterung:

Interne Abteilungen beeinflussen die Angebotserstellung durch betriebliche Zwänge, was zu einem Kompromiss führt (b).

Weiterhin besteht die Gefahr, dass Weiterentwicklungen durch interne Prioritäten getrieben werden und nicht mehr den realen Bedürfnissen der Zielgruppe entsprechen (d).


 

Frage 3: Strategische Entscheidungen im Marketing


Ein Marketingmanager plant eine neue Kampagne für ein technisches Produkt. Welche Strategie sollte er verfolgen, um zu verhindern, dass das Angebot zu einem "Angebot der Illusionen" wird?


a) Er überprüft regelmäßig, ob die Bedürfnisse der Zielgruppe sich geändert haben.

b) Er orientiert sich primär an den internen Zielsetzungen der Unternehmensleitung, um die Effizienz zu steigern.

c) Er passt das Angebot an die spezifischen Anforderungen der Zielgruppe an und ignoriert allgemeine Bedürfnisse, da diese nicht messbar sind.

d) Er bringt die Anforderungen der Zielgruppe mit den internen Zwängen in Einklang, ohne die Bedürfnisse der Zielgruppe aus den Augen zu verlieren.


Richtige Antwort:a) und d)


Erläuterung:

Ein Marketingmanager muss sowohl die Bedürfnisse als auch die Anforderungen der Zielgruppe berücksichtigen und gleichzeitig flexibel auf Veränderungen reagieren (a).

Zudem ist es entscheidend, eine Balance zwischen internen Zwängen und Zielgruppenorientierung zu finden, um ein realitätsnahes Angebot zu schaffen (d).


 

Weiterführende Literatur


Ulrich K. T. and Eppinger S.D. (2012) Product Design and Development. Fifth edition. New York: McGraw Hill, International Edition.


Faste, R. (1987). Perceiving Needs. SAE Future Transportation Technology Conference and Exposition, Society of Automotive Engineers, Inc., Seattle, Washington, USA 419-423


D. Peppers and M. Rogers, “Managing Customer Relationships: A Strategic Framework,” 2nd Edition, John Wiley & Sons, Inc., Hoboken, 2011


A. Griffin and J. Hauser, “The Voice of the Customer,”Marketing Science, Vol. 12, No. 1, 1993, pp. 1-27.




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Guest
Dec 22, 2024
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"Ein Volltreffer! Dein Blogpost zeigt mit einem Augenzwinkern, warum Perfektion in der Baubranche überbewertet ist – Hauptsache, der Kunde fühlt sich gehört und der Plan hält stand. 😄"

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